⚠ Diese Webseite wurde nicht für Internet Explorer 11 optimiert. Wir empfehlen Mozilla Firefox , Microsoft Edge oder Google Chrome.
Veröffentlicht am:
Seit vielen Jahren sorgen gerade die Studenten und Studentinnen des Schauspielstudios für erfrischend neues Theater in Chemnitz. 371 stellt den aktuellen Jahrgang in vier Teilen vor.
Verwechslungsgefahr
Privatleben. Nein, nein, Gegenstand der Lektion dieser Ausgabe ist nicht das gleichnamige Stück von Ulrike Syha. Aber die Grenzen zwischen der Arbeit auf der Bühne und dem Leben abseits davon sind gar nicht so trennscharf zu ziehen im Schauspielerdasein. „Schauspiel ist wie ein Rätsel“, sagt Lena. „Man hat einen Text vor sich und den muss man lösen. Das beschäftigt einen auch abends.“ Und wenn der Text nicht da ist, gibt es andere Projekte. Wie „Nisse Barfuss“, Nils‘ Einmannbandprojekt, oder jenen Liederabend, den Lena zusammen mit Studiokommilitonin Luise Schubert am 7. April im Exil veranstaltet. „Vielleicht ist das so eine Schauspielerkrankheit“, mutmaßt Nils, „dass die Freizeit auch schöpferisch sein muss. Sobald ich zu Hause sitze,
denke ich, okay, jetzt musst du arbeiten.“
Schaff dir dein zu Hause
Nils stammt aus der nordrheinwestfälischen Provinz, Lena aus dem großen Hamburg, Chemnitz liegt wohl irgendwo dazwischen und beide sind nicht unzufrieden mit der Stadt. Auch am geächteten Viertel Sonnenberg findet Lena gefallen: „Das ist so wie Menschen sind. Es hat alle Aspekte, die schönen Häuser, das Abgefuckte. Das ist ein ehrlicher Stadtteil“, sagt sie. Zwar sind die beiden Studenten auch schon rumgekommen, aber die eisigen Klauen des grausamen Chemnitzer Winters haben das nicht erleichtert. Vielleicht muss man auch nicht jeden Winkel einer Stadt kennen, um sich zu Hause zu fühlen. „Mein wirkliches zu Hause“, sagt Nils, „ist mein Fenster, das ich mir immer in der Wohnung einrichte, in der ich gerade lebe. Da sitze ich dann und kann eine Kippe rauchen und bin zu Hause. Da ist es dann egal, ob ich in Chemnitz, Leipzig oder Köln bin.“
Grund zum Aufstehen
Zwischen Freizeit und Beruf steht der morgendliche Sprung aus dem Bett. Den zu meistern bedarf es Motivation, die jeder für sich selbst finden muss: „Ich bin viel mit Kleinkunst aufgetreten“, erzählt Nils. „Erst Jonglieren, dann dazu erzählen und irgendwann wurden die Geschichten ausführlicher und die Jonglage weniger. Ich will im besten Fall auf die Bühne, um jemandem, der unten sitzt, etwas zu geben.“
„Eigentlich merke ich jetzt erst, was mir an dem Beruf gefällt“, sagt Lena. “Es geht nicht um die Eitelkeiten, darum auf der Bühne zu stehen, sondern um etwas viel schöneres, den Autor und den Text und meine Form darin zu finden.“
Dinge vermissen
Dinge vermissen gehört dazu, wenn sich der Lebensmittelpunkt alle zwei Jahre verlagert. Mehr Zeit für die Beziehung wünschen sich beide, dazu eine schnelle Zugverbindung nach Köln respektive Hamburg. Außerdem auf Nils Liste: Kioske, eine Minigolfanlage oder einfach Gin im Penny. Lena fände Franzbrötchen und HipHop-Partys wünschenswert, freut sich aber, dass es überall Astra gibt. Einen Aufruf möchten beide noch loswerden: „Wir suchen dringend einen Kicker. Und wo ein guter Kicker ist, da müssen auch Menschen sein, gegen die man spielen kann.“
Ähnliche Artikel im 371 Stadtmagazin Capus: Zum Schauspieler in vier Lektionen (2)
Text [&] Foto: Michael Chlebusch
Erschienen im 371 Stadtmagazin 03/11