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Letzte Frage im Oktober

Herr Kummer weiß Antwort

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Lieber Herr Kummer, zwei CFC-Fanclubs sind von Frankfurter Ultras die sogenannten Zaunfahnen abgenommen worden. Die beiden Chemnitzer Ultragruppen haben sich daraufhin prompt aufgelöst, eine große Schmach soll das sein, hört man. Sollte man sich nun als „normal“ interessierter Fußballfan mit den Chemnitzer Ultras solidarisieren und bspw. alle Frankfurter kollektiv bestrafen (Sanktionen, Boykotte, Einreiseverbote usw.)? Welche Reaktion halten Sie für angemessen?

Wie mag es sich in einer Stadt leben, die ständig mit einer anderen Ortschaft verwechselt wird? Wie viele Touristen waren wohl schon auf dem Weg nach Frankfurt an der Oder und standen dann enttäuscht in Frankfurt am Main? Japanische Touristen wollten die Brücke der Freundschaft an der Grenze zu Polen bewundern, landeten am langweiligen Römer und mussten sich mit saurem Äppelwoi trösten. Erinnern wir uns an die Patrioten von „Widerstand Ost West“, die sich 2015 versehentlich im östlichen Frankfurt einfanden, während die eigentliche Demo in Frankfurt am Main stattfand. Eine ewige Verwechslungskomödie ohne absehbares Ende.

Dann haben wir noch eine weitere Blamage, beinahe wäre Frankfurt nach dem Zweiten Weltkrieg Regierungssitz geworden. Ende der 40er-Jahre war der Plenarsaal schon gebaut, die Dankesrede verfasst, doch dann bekam[nbsp] ausgerechnet das dörfliche Bonn den Zuschlag als provisorische Hauptstadt. Der voreilig gebaute Plenarsaal gehört heute zum Hessischen Rundfunk und die neue Hauptstadt ist das unweit von Frankfurt an der Oder gelegene Berlin. Da muß man sich nicht wundern, wenn sich die dauerfrustrierten Frankfurter Ultras an den Symbolen einer emporstrebenden, dynamischen Stadt wie Chemnitz vergreifen. Ein auf der Rückfahrt von einem Auswärtsspiel des CFC befindlicher Kleinbus wurde überfallen und die in der Fanszene heiligen Zaunfahnen kamen in Frankfurter Hände.

Eine berechtigte Reaktion auf diesen Verlust ist natürlich Selbstkritik. Wie kann man tausende Euro im Fitnessstudio versenken, unzählige Eimer Eiweißpulver verspachteln und dann doch nicht in der Lage sein, seine Zaunbanner zu verteidigen? Die Fanclubs Ultra-Bande-Karl-Marx-Stadt und Contra-Cultura-Chemnitz haben peinlich berührt die Auflösung ihrer Gruppen bekannt gegeben. Wir Chemnitzer Bürger können natürlich solidarisch Sanktionen gegen Frankfurt am Main fordern. Sanktionen stehen in der Mitte zwischen zornigen Worten und militärischen Maßnahmen. Die Konsequenzen für die Bevölkerung der sanktionierten Stadt können allerdings ähnlich dramatisch sein wie ein Krieg. Wenn wir die Frankfurter Messe, den dortigen Flughafen und die in der hessischen Metropole angesiedelten Banken boykottieren, führt das dort zu Massenarbeitslosigkeit, Hunger und Elend bei den einfachen Bürgern.

Solche kollektiven Strafmaßnamen sind aus gutem Grund nicht unumstritten. Chemnitz könnte viel raffinierter vorgehen und die Stadt kulturell für immer und ewig in den Staub treten. Die hessischen Spätzünder sind gerade erst auf die Idee gekommen, sich als Kulturhauptstadt 2025 zu bewerben. Frau Weyland, CDU-Kandidatin für die kommende Frankfurter Oberbürgermeisterwahl, forderte ihre Stadtregierung auf, die Bewerbung zu starten. Chemnitz ist da schon einige uneinholbare Schritte weiter. Wenn unsere Kommune im Jahre 2025 Kulturhauptstadt geworden ist und kein Mensch mehr von irgendwelchen Zaunfahnen spricht, wird Frankfurt ein weiteres Mal um einen Hauptstadttitel gebracht und gedemütigt im hessischen Talkessel vor sich hin weinen. Das sollte Strafe genug sein.

Bild: www.faszination-fankurve.de

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