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Das Deutsche Musikfest ereilt Chemnitz: Zwei Strategien zur Bewältigung.
„Kling dich ein!“, mahnt das Chemnitzer Parkleitsystem dieser Tage. Dem Folge zu leisten ist für das lange Wochenende vom 9. bis 12. Mai unbedingt zu empfehlen. Denn die Musikanten kommen. Sie fallen anlässlich des Deutschen Musikfests in Divisionsstärke im Stadtgebiet ein und lassen Pauken und Trompeten leider nicht zu Hause. Mehr als 300 internationale Blasorchester, Brass Bands und Spielvereine reisen nach Chemnitz, um dem aller sechs Jahre stattfindenden Großereignis beizuwohnen. Das Musikfest ist quasi die olympischen Spiele der Blasmusik, das Woodstock der Marschkapellen. Sie kommen, also „Kling dich ein!“ Und dazu gibt es zwei Möglichkeiten: Dur oder Moll.
Die Moll Variante klingt in etwa so: Bah, Blasmusik, die sollen bloß in ihren Festzelten bleiben! Die Wichtigkeit einer Blaskapelle steigt proportional mit der Provinzialität ihres Wirkungskreises. Neben der Jugendfeuerwehr ist sie der Anlaufpunkt für alle, die keinen Bock mehr haben, nachts an der Dorfstraße Lampen auszutreten. Stattdessen spielen sie entweder mit heimatpflegerischem Anspruch schöne Melodien aus Opis Liederbuch (dem einzigen, das er bei seiner Flucht aus Masuren retten konnte) oder machen aus nervigen Popsongs noch viel nervigeren Blechblas-Lärm. Wer schon mal einen Kylie-Minogue-Hit aus fünfzig quäkenden Schalmeien gehört hat, weiß wie weh Musik tun kann. Daneben freuen sich Chemnitzer Kulturträger unbestätigten Gerüchten zufolge über ausfallendes Sponsoring, da die Kohle 2013 leider ans doch ziemlich teure Musikfest ging. Ich kling mich ein, indem ich mich ausklinke und besauf mich vier Tage in der Dresdener Neustadt.
In Dur hört sich das so an: Oh wie schön, Chemnitz holt das Musikfest als erste Stadt nach Ostdeutschland und generiert damit unglaublich viele Übernachtungen und unglaublich viel buntes Treiben. Mardi-Gras-Feeling, schönes Wetter, lustig kostümierte Vereine, Jazz, Folklore, Weltmusik: Blasmusik hat viele Facetten. Mit Bands aus aller Herren Länder kann die Stadt nur an Charme gewinnen. Das was an Geld in die Organisation gesteckt wird, kommt über Besucher locker wieder rein und anders als beim Fußball bleiben hinterher keine überdimensionierten WM-Stadien stehen. Ich stürz mich ins Getümmel und besauf mich vier Tage im Stadthallenpark.
Egal, in welcher Tonart, eine Warnung sei dem Musikfest noch vorweggeschickt: Eine Posaune erreicht unmittelbar am Ohr einen Schalldruckpegel von bis zu 115 Dezibel, also in etwa dem Wert eines Düsenjets in 100 Meter Entfernung – kurzfristig gern auch mit Gehörschaden. Tataaaa!
Text: Michael Chlebusch
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Erschienen im 371 Stadtmagazin 05/13