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Jens Friebe – ein Mann voller Texte

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Er singt Lieder, wahlweise solo oder mit Band, schreibt Kolumnen, verfasst Bücher und Horbücher, schreibt Blogger. Wohl wenige haben solch ein großes Output wie er. 371 fragte ihn, warum das so ist und wie es um deutsche Popmusik 2008 stehen wird.

Herr Friebe, ihr Output ist immens. Ob als Musiker, Journalist oder Blogger, du schreibst und schreibst. Hast du uns viel mitzuteilen?

Naja, drei Platten in vier Jahren und ein paar lose Impressionen: das macht einen nun noch nicht zu Dietmar Dath. Ich selbst habe sogar oft den entgegengesetzten Eindruck eines sehr lethargischen, sinnlosen Dahintreibens und einer eher kläglichen Produktivität. Schön aber immer wieder, dass es von außen anders aussieht.

Du wurdest in eine Reihe mit Rio Reiser und Jochen Diestelmeyer gestellt. Was reizt dich an deutschen Texten?

Nichts im Speziellen. Ich texte in der Sprache, die ich am besten kann.

Mit „Rammstein“ und „Mia“ und letztendlich auch durch den Boom deutschen Hip
Hops erreicht die deutsche Sprache in der Musik neue Höhepunkte. Wollen die
Menschen besser verstehen, was Musiker singen? Geht es ihnen um transparentere
Textinhalte?

Natürlich erreicht man die Leute am besten in ihrer Muttersprache. Das Problem beim Deutschen war lange, das es in der Popmusik keine Geschichte hatte, und man deswegen die Texte mit einer geradezu peinlichen Direktheit empfand. Nach einigen Jahren Deutschabstumpfung lässt dieser Schmerz nach, und es kommt ansatzweise zu einer angloamerikanischen Verselbstständigung der Sprache, die Worte sind mehr Material und weniger anstrengende, intensive Mitteilung.

Ist der Schlager mit dessen Interpretationen von Bands wie „Blumfeld“ oder „Tocotronic“ auch für die jüngere Menschen oder die web.2.0.-Generation wieder salonfähiger geworden? Und wie gefällt dir eigentlich das Genre "Schlager"?

Auf langen Fahrten im Tourbus hören wir manchmal Schlager. Interessant ist, dass der Vorwurf des Eskapismus, der ihm früher ja oft gemacht wurde, nicht trifft. Probleme wie Alkoholismus, Scheidung oder Geldsorgen kommen im heutigen Schlager eher vor als im Pop. Trotzdem sind die meisten Schlager wirklich schrecklich lieblos geschrieben und doof gesungen. Nur ein Bruchteil (und zwar der Schlimmste) der als Schlager begriffenen Lieder bilden übrigens ein "Genre" im eigentlichen Sinne, also einen wirklich kenntlichen Musikstil. Der setzt sich aus mediterran anmutenden Melodien mit Synthieglocken und einem Discobeat mit verhallten E-Drums zusammen. Die restlichen sogenannten Schlager sind einfach deutsche Nachempfindungen oder Übersetzungen ausländischer Stile.


Du bist ja neben vielen anderen Projekten auch fleißiger Blog-Autor. Wie stehst du zum Internet als Möglichkeitsraum sich auszudrücken?

Ich begrüße das Bloggen als eine neue Möglichkeit formloser Mitteilungen. Ich glaube, dass etwa Texte wie die, die Rainald Götz für Vanity Fair schreibt, in ihrer Unbeschwertheit und ihrem anarchischen Reichtum im Rahmen einer traditionellen, "literarischen" Form gar nicht möglich wären.

Wo siehst du dich und die deutsche Popmusik in 52 Wochen?

In zweiundfünfzig Wochen gibt es sicher noch nichts neues von mir. Von der deutschen Popmusik somit auch nicht.



Jens Friebe [&] Band live am 18.Januar, Club Atomino, präsentiert vom Chemnitzer Fanzine Driftwood, www.jens-friebe.de
Aktuelles Album: „Das mit dem Auto ist egal, Hauptsache dir ist nichts passiert“ (Zick Zack 2007)

* Titel vom Album “In Hypnose“

Erschienen im 371 Stadtmagazin 01/08

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