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Frauensache

Warum das Geschlecht beim Auflegen piepegal ist

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Eine Studie aus 2013 untersuchte insgesamt 50 Festivals auf ihren prozentualen weiblichen Anteil hin. Das Ergebnis: Erschreckende 8,4 Prozent. Wie es um das Thema in Chemnitz steht und was die Frauen selbst dazu zu sagen haben, hat das 371 mal überprüft.

Erstellt hat diese Statistik Female:Pressure, eine internationale Datenbank und ein Netzwerk von und für Frauen, die im Bereich elektronischer Musik und digitaler Kunst arbeiten. Ein ganz ähnliches Projekt gibt es seit 2010 auch in Chemnitz: Das Netzwerk DieDa richtet auch vor allem an weibliche Künstlerinnen, vorwiegend aus der Musikbranche. Das Ziel ist Vernetzen, den Mädels aus der Branche eine Plattform bieten. Mittlerweile zählt DieDa bereits sieben Mädchen aus verschiedensten Genres: DJanes, eine Sängerin und sogar eine Tätowiererin sind unter anderen bereits gelistet. „Wir versuchen einfach, uns Frauen bessere Strukturen zu schaffen,“ sagt Christin Busch, Mitbegründerin von DieDa. 2010 lernte sie Lisa Haupt statt, die als Liza Main schon länger im Elektro-Bereich auflegt. „Das hat mich schockiert: Chemnitz ist nun noch überschaubar und selbst da kennt man sich nicht.“ Aus dem Zufall heraus seien die beiden dann auf die Idee gekommen, ein Netzwerk für Künstlerinnen zu gründen. Eine Art Anlaufstelle, vor allem, aber nicht ausschließlich im Musikbereich, an die sich Mädchen und Frauen mit ihren Fragen wenden können. „Ich glaube, die Hemmschwelle für ein Mädchen, nach Hilfe zu fragen, ist immer noch mal größer als bei Jungs,“ so Christin.

Eine von diesen Künstlerinnen ist sie selbst: Seit mittlerweile 6 Jahren legt sie unter dem Namen Cath Boo auf. Aber warum ist es denn nun so, dass weibliche Künstlerinnen, nicht nur in der elektronischen Musikszene, so unterrepräsentiert sind? „Es ist ein simples Mengenproblem: Es gibt einfach weniger DJanes.“ Aber das sei auch gar nicht so schlimm, solang der Fokus weniger auf dem Geschlecht, als eben auf dem Können der DJanes liege. Genau das schreiben sich auch Female:Pressure auf die Fahnen: „Es geht nicht um die Zahl, es geht darum ob und wie wir anerkannt werden.“

Zwei, die schon anerkannt werden: 2elements
Zwei der DJs aus der Region, die mittlerweile sogar international erfolgreich sind, sind July und Anie von 2elements. Seit zehn Jahren spielen die beiden gemeinsam vorwiegend im Bereich der House-Musik. Erst vor kurzem landeten sie mit ihrem Klingande-Remix „Jubel“ international einen riesen Hit. Zuletzt waren sie Teil einer Fernsehsendung, die jungen Nachwuchs-DJs unter die Arme greifen will.
Das Format „Follow your DJ“ auf Joiz TV zielt darauf ab, jungen Nachwuchs-DJ die Chance zu geben, bereits etablierten DJs Fragen, zum Beispiel zum Geschäft oder auch zur Technik zu stellen. „Die Moderatorin Daisy Dee hat uns persönlich angerufen und gefragt, ob wir nicht auch Lust hätten,“ erzählt July von 2elements. „Jede von uns hat dann ein Mädel an die Seite bekommen, beide sehr aufgeschlossen und neugierig.“ Ein paar Stunden lang konnten die beiden DJanes dann den jungen Mädchen beispielsweise ihre CD-Spieler erklären, oder auch darüber hinaus noch weitere hilfreiche Tipps geben. Zwar zielt das Format nicht vorwiegend auf weibliche Musiker ab, trotzdem vermittelt das Ganze eine schöne Botschaft, findet auch July: „Gerade die ganz Jungen sind oft zurückhaltend, aber es gibt einfach auch viele Talente. Das sollte man in den Vordergrund rücken.“ Etwas, was die Fernsehsendung auf jeden Fall erreichen kann.

Die Gründe
„Das Auflegen war sicher am Anfang mal eine Männerdomäne, aber schon früh gab es auch erfolgreiche Frauen.“ meint auch Dirk Duske, selbst DJ. Der Chemnitzer leitet den DJ-Unterricht an der Chemnitzer Musikschule. Dieser ist neben DieDa ein wichtiger Anlaufpunkt für Jugendliche, die sich für dieses Thema interessieren. Bereits seit acht Jahren leitet er diesen Kurs an der Chemnitzer Musikschule, seitdem hat er dort ungefähr 60 Schüler betreut.

Wenn er nach Gründen für das Zahlendefizit bei den weiblichen Diskjockeys gefragt wird, steht für ihn eins ganz oben: „Es hielt sich lange wacker das Vorurteil, man müsse Frauen mehr auf die Finger schauen, weil sie das nicht können. Aber das stimmt natürlich nicht.“ Dazu komme dann noch das Phänomen, dass diverse, so genannte, Promis eine so genannte DJ Karriere anstreben. Frauen wie Paris Hilton oder Micaela Schäfer, die sich da mit vorgefertigten Playlists halbnackt an das DJ Pult stellen, rücken das Licht für weibliche DJs natürlich automatisch in eine ganz falsche Richtung. „Die haben natürlich dann dafür gesorgt, dass DJanes mitunter skeptisch betrachtet werden. Dadurch hat’s dann jemand, der wirklich was drauf hat, nicht leicht sich zu behaupten,“ so Duske. Dass es genügend DJanes gibt, die richtig was können, weiß er natürlich ganz genau: Nicht nur Phlatline DJane Tereza hat in seinem Unterricht gelernt, auch Liza Main von DieDa konnte schon früh bei ihm ihr Talent unter Beweis stellen.

Unter dem Strich kann man wohl sagen: Mädchen mögen es am Anfang wohl schwerer haben, sich durchzusetzen und am Ball zu bleiben. Auch, weil immer noch genügend dumme Vorurteile den Weg einer DJane pflastern. Aber: „Viele DJanes gehen mit einer guten Portion Feminismus an die Sache ran, es gibt viele große Talente, und am Ende ist es immer auch nur eine Fleißsache,“ erklärt Dirk Duske. Treffend formuliert auch Christin Busch von DieDa die Sache: „ Ich finde, 2014 sollte es auch mal wieder gut sein mit weiblicher DJ, männlicher DJ.“


Text: Lisa Kühnert
http://femalepressure.wordpress.com/facts-graphic/
http://dieda.me/

Erschienen im 371 Stadtmagazin 09/14

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