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Szymmi findet einen vergessenen Platz

Ein Platz ohne Schild und Wirkung

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Ach, als Platz hat man es nicht leicht. Zu viele große Brüder und Schwestern buhlen um die Gunst, das Erinnerungsvermögen und den Schnappschuss der Menschen.

Kein Rom-Urlaub ohne den Petersplatz. Oder etwa Moskau ohne den Roten Platz? Undenkbar. In Havanna der „Plaza de la Revolucion“: Muss man gesehen haben. Und wer führt einen Erstbesucher von Chemnitz nicht gerne zum Theaterplatz und sagt: “Schaut, hier!“ An Plätzen wurde Geschichte geschrieben, Geschichte in Stein gebracht, Religion ins rechte Licht gesetzt, den Toten gedacht, oder dem Verlierer einer Schlacht eindeutig seine Rolle zu gewiesen. Der Sieger triumphiert. Kein Platz den Verlieren. So ist das eben. Plätze eben.

Und der Kantplatz? Im Stadtplan verzeichnet ist er. Gelegen zwischen der Augustusburger Straße, Claußstraße, Adelsbergstraße und Reineckerstraße hat er jedoch nicht mal ein Schild zur Seite gestellt bekommen, das auf ihn hinweist. Zu Unrecht? Begeben wir uns vor Ort.

Das „Lokomov“ ist wohl der beste Startpunkt für eine Begehung. Richtung Gablenz beginnt der kleine Rundgang stadtauswärts. Auf der gegenüberliegen Seite der Augustusburger Straße grüßt ein Steinmetz für Grabmale freudig und kurz darauf lädt ein Buchdienst und ein Laden für Orthopädische Gebrauchsartikel zum Verweilen ein. Auf dem Fahrradweg rechter Hand herrscht reger Verkehr. Auf der Straße linker Hand ebenso. Auf dem Platz befindet sich niemand. So läuft man dahin und nicht lang und man hat bereits die erste Hälfte der als Platz bezeichneten Grünfläche abgeschritten. Jetzt könnte man in einem mit Hecken vom übrigen Teil des Parks abgesonderten quadratischen Ruhepool und Herzen des Kantplatzes, mit vier verwitterten Bänken und zwei Mülleimern, das Erlebte Revue passieren lassen.

Die Mülleimer sind gespensterhaft leer. Nirgends liegt Dreck. Alles ruht.
Könnte hier etwas passieren? Wäre hier vielleicht ein Ort zum Grillen, ein Spielplatz, sogar ein lieblicher Ort? Doch bevor die Gedanken klarer werden, dämmert es schon und die Stadt lockt. Also schnell noch das letzte Stück des Weges zum Startpunkt zurückgelegt. 8 Minuten 42 Sekunden und 19 Hundertstel dauerte die Umrundung. Die Sonne geht im Westen unter. So fällt der Kantplatz ins Dunkle zurück, während die Schienen der Linie 5 golden schimmern. Hätte man sich mehr Zeit nehmen sollen?

Text: René Szymanski


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