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Johanna auf dem Sportplatz

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Die vom 371 haben gesagt, ich soll für das neue Heft über die Chemnitzer Skaterszene schreiben. Endlich mal ein Vice-Thema: Jung, gefährlich, Jugendkultur, schlechter Schreibstil. Es geht um den Konkordia-Park.

„Mhmm na gut“, habe ich vermutlich gesagt, obwohl ich das etwas absurd finde: Schließlich habe ich noch nie ein Skateboard betreten, einen Skatepark erst recht nicht und meine Texte schreibe ich äußerst ungern in der ersten Person. Skater kenne ich nur aus Avril Lavigne-Songs und alten MTV-Shows, bei denen sich irgendwelche Typen immer irgendwelche Knochen gebrochen haben und dafür gefeiert wurden. Das Skateboardfahren und das ganze Drumherum haben mich – so offen intolerant muss man sein – wirklich nie interessiert.

Der Konkordiapark liegt eingeklemmt zwischen Ermafapassage, Schlossteich und Zukunft und scheinz im Gegensatz zu diversen anderen Chemnitzer Parks kein besonders gefährlicher Ort zu sein. Wie die ganze Stadt besteht auch er in erster Linie aus Grünflächen und viel Beton und ist eigentlich eine Art coole Version des Uni-Sportplatzes. Oder jedes anderen Sportplatzes auch, obwohl Sportplätze an sich eigentlich gar nicht cool sein können – da halte ich es ganz mit Churchill.

Ein paar mal bin ich jetzt durchgelaufen, und weil die meisten, die dort ihre Freizeit verbringen, höchstens halb so alt sind wie ich, fühle ich mich stets wie ein Frührentner bei der Studentendisko.

Die 371-Redaktion ist angetrieben von der Idee, dass dort irgendwelche harten Hierarchien das Szene-Treiben bestimmen. Die sollen vor allem besagen, dass die Skater die mit Abstand coolsten Leute auf der Rampe sind, danach kommt lange nix, und dann die Leute auf ihrem BMX. „Es gibt die Skater“, sagt einer von ihnen, „und das wars.“ „Sorry, aber das ist Bullshit“, sagt Pierre Satzing, „solche Hierarchien gibt es nicht.“ Im Westen vielleicht, oder in Städten wie Berlin. Da hängen die Skater nicht unbedingt gerne mit den BMXern ab, aber hier im Osten ist das anders.

„Die Action-Sportszene wächst kontinuierlich und das würde nicht passieren, wenn sie nicht so stark zusammenhalten würde.“

Satzing veranstaltet internationale Skate-Events wie „BringDaTruckaz“, das zunächst eigentlich in Dresden angedacht war, doch dann in den Konkordia-Park zog. Eine bewusste Entscheidung. Mittlerweile ist es weit über die Grenzen der Stadt hinaus bekannt: „Wir bekommen sehr gutes Feedback aus Berlin, Köln, Leipzig.“ Die Skater kommen von überall. Das liegt auch am Konkordiapark: Dessen Lage sei einfach extrem vorteilhaft – nicht nur in der Stadt, auch in ganz Mitteldeutschland. Und dann wäre da noch die Beschaffenheit des Parks, die einen Teil seiner Besonderheit ausmacht: Von klein bis Profi ist für jede Könnens- und Altersstufe was dabei, auch Wintersportler trainieren hier.

Anlagen wie der Konkordiapark sind wichtig für das urbane Klima – als Anlaufstelle für Jugendliche, als in Beton zementierter Teil der Jugendkultur. „Die Kids können sich hier treffen, quatschen, rumhängen“, sagt Satzing. Wo sollten sie das auch sonst tun? Gemeinsam mit der Skatehalle und dem AJZ gibt es Projekte, die sich stark auf soziokulturelle Arbeit fokussieren – das „Smash Your Attitudes“ zum Beispiel. Nun ist Chemnitz ja nicht unbedingt als Szene-Stadt bekannt, und überhaupt: This ain‘t California – oder? „Chemnitz hat eine besonders gute Skate-Szene“, sagt Satzing. Woran liegt das? „Die Kids im Osten sind nicht so oberflächlich, sie haben einfach nur Bock auf Skaten oder BMX.“ Die Bretter, die für viele die Welt bedeuten, sind hier noch geerdet und ehrlich und das klingt wie die Beschreibung der neuen Platte eines alternden Country-Stars. „Der Osten ist im Bereich Action-Sport extrem gut aufgestellt. Es gibt unzählig viele junge, talentierte Leute. Die Szene wächst“. Ich hingegen bin nicht an meiner Aufgabe gewachsen: Ich habe versucht einen Szene-Text zu schreiben, der am Ende doch wieder nur nach mitteldeutschem Lokaljournalismus klingt. Die Vice und ich, das wird wohl nichts.

Text: Johanna Eisner, Foto: Maik Irmscher


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