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Es gibt sie noch: Die kleinen Läden. Sie sind die bunten Oasen im eintönigen Konsumkosmos der Vorweihnachtszeit. Das Sortiment ist bunt. Der eine handelt mit Vinyl-Platten, die andere bringt frische Kunst an die Frau und den Mann von Welt. Unter den Chemnitzer Händlern findet sich aber auch Kurioses: Zum Beispiel ein Geschäft für individuelle Gürtelschnallen. Das „371 Stadtmagazin“ war in der Chemnitzer City unterwegs und stellt ein paar der heißesten Shoppingadressen vor.
(Un)angepasst
Das Herz des Punk und Rock ‘n‘ Roll schlägt in der Chemnitzer City. Hier hat nämlich die kleine schwarze Göre Emily the Strange ihre Heimat gefunden - genauso wie Lucky 13, Blutsschwester oder Felon Clothing. Jana Hechfellner ist die Herrin über die Welt der Kleidung und Accessoires. Die 38-Jährige gründete 1995 ihren Laden auf dem Sonnenberg. „Kurz nach der Wende hat jeder etwas Neues angefangen. Wer das nicht gemacht hat, galt schon fast als Langweiler“, sagt sie. Inzwischen ist das Ultimo vom einstigen „Szene“-Kiez an den Getreidemarkt in der Innenstadt umgezogen. Hier finden Psychobillys, Skater, Rock ‘n‘ Roller und Punkrocker alles, was ihr Herz höher schlagen lässt: von Kleidern über Schuhe, Gürtel, Jeans und Schmuck bis hin zur Deko.
Den passenden Tipp zum Entspannen gibt Hechfellner auch: das Subway to Peter. Denn hierher zieht es die gelernte Verkäuferin in ihrer Freizeit. Die werde allerdings demnächst noch knapper. Denn im nächsten Jahr stehe Nachwuchs an. Im Winter ist es soweit. Doch bereits jetzt sei die Kleidungsfrage geklärt: eingekauft wird im eigenen Laden. Denn auch kleine Punks werden hier fündig. Wie heißt es so schön? Punk‘s not dead! ke
Ultimo Fashion: Getreidemarkt 3, 09111 Chemnitz, Tel.: 0371-4011442, mo-fr 11-18 Uhr, sa 11-16 Uhr, www.ultimo-chemnitz.deJunge Künstler ans Licht bringen
Die „Kunst in Chemnitz mal ein bisschen vom Sockel heben“, mit dieser Intention eröffnete Manty Graf ihren Laden „heute: frischer Kunststoff“ auf dem Sonnenberg. Die 33-Jährige hatte schon immer einen Faible für Kunst, absolvierte eine Ausbildung zum gestaltungstechnischen Assistenten und war auch selbst künstlerisch tätig. „heute: frischer Kunststoff“ sieht sie als eine Plattform für junge Künstler, die hier ihre Werke kostenlos ausstellen können. Der Ladencharakter sollte darüber hinaus Berührungsängste bei Kunden mildern: „Die Leute denken, das ist nichts für sie, das ist nur etwas Elitäres. Deswegen wollte ich keine kühle, richtige Galerie, sondern einen Laden, um Mensch und Kunst näher zusammenzubringen.“ Grafs Geschäft gehört noch zu den jüngeren in Chemnitz. Vor kurzem feierte sie einjähriges Bestehen. Momentan laufe ihr Laden allerdings nicht gut, es fehle ihr an Laufkundschaft, berichtet sie. Zudem sei der Sonnenberg rein kommerziell betrachtet nicht das beste Pflaster - wobei Manty Graf Gefallen am Kiez-Charakter des Viertels gefunden hat. Um Bekanntheitsgrad und Umsätze zu steigern, wird sie zukünftig den Verkauf auf das Internet ausdehnen. Auf die Frage, ob man denn hier auch ein Kunstwerk von ihr finden könne, antwortet sie lächelnd: „Nein Ich bin nur diejenige, die die Leute gerne ans Licht bringen würde.“ (bl)
„heute: frischer Kunststoff“: Palmstraße 17, 09130 Chemnitz, Tel.: 0371 530 498 27, Öffnungszeiten Di-Fr 15-20 Uhr, www.frischer-kunststoff.de
Provokant düstere Highlights
Schwarz angehauchte Seelen und Menschen, die das Besondere suchen, finden in Chemnitz einen Ort, um sich neu einzukleiden. Auf ihrer Reise durch die Dunkelheit und den Einkaufsmeilen der Stadt, gelangen sie auf den Brühl. Nicht auf Grund des morbiden Charmes der Gegend, sondern um das „Fashion Noir“ zu besuchen. Sinnliche Korsage, elegante Lederstiefel, Fledermaushandtasche – Schwarz herrscht hier vor. 2006 bezog das Fashion Noir seine Räume auf dem Brühl. So war es den Kunden der bereits damals bekannten Onlineshops Black Impressions und Diva Collection möglich, ihre Outfits der Begierde vor Ort anzuprobieren. Bereits seit 2003 bietet die Fashion Noir Gründerin und Inhaberin Mandy Leichsenring über die beiden Onlineshops Kleidung, Accessoires und Deko im Internet an. „Auf diesem Weg konnte ich mir einen Traum verwirklichen. Denn auch meine persönlichen Interessen liegen auf dem Gebiet extravaganter und ausgefallener Mode“, erklärt Leichsenring. Während „Black-Impressions“ romantische Mode und Accessoires biete, finden die Kunden bei „Diva-Collection“ geradlinigere und exklusivere Produkte, erklärt sie. Unterstützung findet die 29-Jährige bei Ihren kaufmännischen Mitarbeitern und kreativen Köpfen, die für die Umsetzung der Onlineshops zuständig sind. Vorbei schauen lohne sich, so Leichsenring - egal ob in der virtuellen Welt oder vor Ort in Chemnitz. ke
Fashion Noir: Brühl 56, 09111 Chemnitz, Tel.:0371-4504738, mo-fr 11 bis 18 Uhr, sa 10-14 Uhr, www.fashionnoir.deRevival der Platte
Seit mittlerweile 14 Jahren führt Silvio Spreer den Plattenladen Underworld Records auf dem Sonnenberg. Der heute 38-Jährige wollte beruflich unbedingt mit Musik zu tun haben und arbeitete schon vor 1994 in einem Musikgeschäft in Chemnitz.
Der Sonnenberg schien ihm der geeignete Platz, um selbst einen Plattenladen zu eröffnen. Schließlich gab es Mitte der 90er Jahre noch die Hoffnung, dass sich hier ein Szeneviertel entwickeln würde, sagt Spreer. Die Hoffnung habe sich allerdings sehr schnell zerschlagen, der Laden blieb trotzdem – und erlebte ein Revival der Platte. Seit etwa zwei Jahren lebt der Plattenverkauf wieder auf. Die Industrie habe wohl gemerkt, dass es sich lohnt, Vinyl rauszubringen, weil es dafür eine feste Kundschaft gibt, erklärt Spreer. Für Underworld Records war diese Entwicklung überlebenswichtig, schließlich sind 99 Prozent aller Tonträger in Spreers Laden Schallplatten. Die Kundschaft habe sich trotzdem etwas verändert. Waren es in den Neunzigern hauptsächlich DJs, die das Geschäft aufsuchten, seien es heute vorrangig Sammler. Der Laden laufe zwar gut, dies sei aber auch auf den zunehmenden Online-Handel zurückzuführen: „Ohne Internet-Handel wäre das Überleben schwierig, darüber verkaufen wir mittlerweile mehr, als im Laden selbst.“, berichtet Spreer. (bl)
Underworld Records: Hainstrasse 83, 09130 Chemnitz, Tel.: 0371-4040377, mo-fr 11-19 Uhr, sa 10-14 Uhr, www.underworld-records.deDer Schatzmeister
„Manche Stücke wachsen mir so ans Herz, dass es mir schwer fällt, sie zu verkaufen“, sagt Kai Patzig, Inhaber des Karuna an der Lohrstraße. In seinem Laden bietet der 35-Jährige „Schätze aus fernen Ländern“ an. Gesammelt habe er die meisten selbst. Bis nach Indonesien oder Thailand verschlage es ihn regelmäßig, um Waren einzukaufen. Die erworbenen Stücke reisen dann in großen Containern verpackt noch einmal um die halbe Erde, bis sie schließlich in Chemnitz ankommen. „Bei uns findet man nicht nur Räucherstäbchen. Wir haben vom Möbelstück bis hin zu Schmuck oder Kleidung ganz unterschiedliche Dinge aus fernen Ländern wie Indien oder Nepal.“ Bevor Kai Patzig 2001 das Karuna eröffnete, studierte er in Dresden Betriebswirtschaftslehre.
„Mir war schon immer klar, dass ich ein eigenes Geschäft haben und mit Kunden in Kontakt sein wollte“, erklärt er. Seine große Leidenschaft - das Reisen - regte ihn dazu an, seine „Schatzkammer“ mit Inspirationen aus der ganzen Welt zu gründen. Jedoch der wichtigste Schatz, der warte auf Kai Patzig jeden Abend zuhause: seine 5-jährige Tochter, um die er sich als allein erziehender Vater kümmert. ke
Karuna: Lohstraße 9 (Getreidemarkt), 09111 Chemnitz, Tel.: 0371-6664822, mo-fr 10-18 Uhr, sa 10-14 Uhr, www.ka-runa.de
HipHop-Queen vom Kaßerg
Mit gerade einmal 24 Lebensjahren gehört Frances Martin wohl zu den jüngsten Ladenbesitzern in Chemnitz. Seit einem Jahr führt sie den Untergrund-Shop an der Hainstraße auf dem Sonnenberg, der zuvor sechs Monate auf dem Kaßberg unter dem Namen Koitus angesiedelt war.[nbsp] Ausschließlich CDs und Mode aus dem Deutsch-Rap-Bereich werden hier verkauft, eine Beschränkung, die auch Risiken in sich birgt: „Bei Deutsch-Rap ist dieses Jahr der große Hype, der wird nächstes Jahr vorbei sein, dann werden wir sehen, wo es hingeht.“ Im Notfall würde Frances auch amerikanische Artikel ins Sortiment aufnehmen, dann aber nur ältere Sachen: „Es soll schon alles Untergrund bleiben, für Black Music gebe ich meinen Namen nicht her“, stellt sie klar. Der Hip-Hop-Szene gehört sie schon seit ihrer Jugend an, lange Zeit allerdings nur als Hörer und Fan. Neben der Betreuung des Ladens organisiert Frances Martin mittlerweile aber auch Konzerte. Chemnitz sei dafür nicht unbedingt ein gutes Pflaster. Denn: Es gebe zwar viele Fans, denen fehle es aber häufig am nötigen Kleingeld. Folglich bringen Laden und Veranstaltungen momentan nicht allzu viel ein, gesteht sie. Zudem wünscht sie sich manchmal, sie wäre nur Hörer geblieben und hätte sich nicht zu weit in die Szene vorgewagt: „Es ist nicht gut, wenn man einen zu tiefen Einblick bekommt. Viele leben die düstere und aggressive Musik und haben die eigentlich Botschaft von Hip-Hop noch nicht verstanden.“ Mit ihrem Untergrund-Shop möchte Martin diesem Trend entgegenwirken. Bald will sie den Vertrieb ausbauen und andere Läden beliefern, schließlich, so sagt sie selbstbewusst, sei sie die einzige mit diesem Sortiment in der Region. (bl)
Untergrund Shop: Hainstrasse 38, 09130 Chemnitz, Tel.: 0371-6513981, mo-fr 11-19 Uhr, sa 10-16 Uhr, www.untergrund-shop.de
Der Rebell vom Brühl
Im „Rebel-Art“ am Brühl hat Guido Günther sein „Hauptquartier“. Doch eigentlich ist ganz Chemnitz sein Atelier. Denn die Kunstwerke des 29-Jährigen findet man überall in der Stadt: am Mensa-Eingang der TU, am Südverbund mit den „Chemnitzer Köpfen“ oder auch an einer Giebelwand mit Werbung für das Sächsische Eisenbahnmuseum. “Graffiti ist Kunst und nicht nur Schmiererei”, sagt Guido Günther. Und für die setzt er sich auch ein. So gründete er unter anderem die „Europäische Kunstgemeinschaft“ mit und engagiert sich im N*Dorphin Club. „Hier haben wir einen Graffiti-Park und können Workshops und Events durchführen“, sagt er. Die meiste Zeit trifft man den Künstler jedoch in seinem Shop und Atelier am Brühl. Dort findet man alles rund um die Themen Graffiti und Airbrush: von der Ausstattung, wie Leinwände oder Stifte, bis zur richtigen Technik - auch Kleidung mit selbst gedruckten Motiven. Denn bemalen lasse sich laut Günther fast alles.
Mit seinem eigenen Label “Guerilla Battle Wear” bietet er die individuelle Mode an. Seit er 14 ist, dreht sich bei Guido Günther alles um Kunst. Kein Wunder, dass er 1997 bereits die Wände des Club Achtermai gestaltet hat. Auch jetzt noch kann man mit jedem noch so ausgefallenen Wunsch zu ihm kommen. Es gebe nichts, was er nicht[nbsp] umsetzen könne, versichert er. ke
Rebel-Art: Atelier am Brühl, Untere Aktienstraße 12, 09111 Chemnitz, Tel.: 0371-300312, mo-fr[nbsp] 10-18 Uhr, sa 11-15 Uhr, www.rebel-art.deFür Individualisten
Ein Müsli brachte Andreas Preisler und Frank Günzel auf ihre neue Geschäftsidee. Die beiden verkaufen individuelle Gürtelschnallen. Zur Vorgeschichte: Seit vorigem Jahr bieten die beiden[nbsp] in ihrem Online-Shop „Buckle Bernd“ Gürtelschnallen an – mit Batman-Motiv, Ché-Konterfei oder Tattoo-Zeichnungen. Einen Wunsch konnten sie ihren Kunden aber noch nicht erfüllen: individuelle Gürtelschnallen. Das soll sich nächstes Jahr ändern. „Die Idee kam uns, als wir diese Internetseite gesehen haben, auf der man sein eigenes Müsli zusammenstellen kann.
So etwas wollen wir auch ausprobieren“, erklärt der 27-jährige Preisler. Und so funktioniert der Shop mit den individuellen Schnallen: Im Netz kann jeder eigene Bilder hochladen und als Gürtelschnalle bestellen. Benutzen andere das Bild, gibt’s sogar eine Entlohnung. Preisler und Günzel haben sich beim Studium in Mittweida kennengelernt. „Buckle heißt Gürtelschnalle auf Englisch und wir haben Bernd noch dazugesetzt. Das kann sich jeder merken und wirkt persönlicher“, erklärt Günzel den ungewöhnlichen Namen. An die erste eigene „Buckle“ kann sich Frank Günzel auch noch gut erinnern: „Ich hatte damals eine von den Beatles. Allerdings war es schwierig, schöne Gürtelschnallen zu bekommen. So sind wir eben auf die Idee gekommen, selber welche zu verkaufen.“ So gibt es bald Konkurrenz – fürs Müsli. ke
Gürtelschnallen online: www.buckle-bernd.de
Text: Michael Chlebusch Foto: Privat
Erschienen im 371 Stadtmagazin 12/09