⚠ Diese Webseite wurde nicht für Internet Explorer 11 optimiert. Wir empfehlen Mozilla Firefox , Microsoft Edge oder Google Chrome.
Veröffentlicht am:
Die Heimat verlassen. Vielleicht in einem überladenen Kahn, womöglich versteckt in einem LKW oder zu Fuß bei Nacht entlang von Grenzanlagen. Was, wenn man sich plötzlich selbst in einer solchen Situation wiederfindet? Wie würde man reagieren: Ausschließlich angewiesen auf Andere, und ständig konfrontiert mit dem Anderen?
Von diesem Szenario eine Ahnung zu erhalten, ist ein Ansatz des Theaterexperimentes „Willkommen - Nichts ist süßer denn die Heimat“ des Büros für theatrale Strategien. Im Zuge dieser Versuchsanordnung verwandelt sich das Weltecho in einen riesigen Parcours aus unterschiedlichsten Räumen. „Vorsicht: Sie verlassen vertrautes Terrain!“, sollte am Eingang stehen. Macht es aber nicht. Doch was verbirgt sich dahinter? Michael-Paul Milow, der kreative Koordinator dieses Unterfangens, klärt auf: „Die Ausgangsüberlegung war: Wie nähert man sich dem Thema Migration, ohne in einer Betroffenheitssoße zu enden?“
Das Resultat der Überlegungen ist eine Kombination aus Theater, Spiel und Installation. „Wir wollten bei dieser Aktion die klassische Theatersituation aufheben. Bei diesem Stück wird der Zuschauer zum Akteur, zum Flüchtling, der verschiedene Etappen der Flucht durchlaufen muss. Dabei wird er begleitet von unseren Theateragenten, die sowohl als Schlepper, Abzocker, Grenzbeamte oder Bürokraten auftreten. Und nicht jeder der zu Beginn startet, wird auch alles sehen“, merkt Milow an.
An einem Durchlauf kann immer nur eine Gruppe von maximal 25 Personen teilnehmen, weshalb Voranmeldungen für die jeweiligen Vorstellungen erwünscht sind. Jeder Gast erhält zu Beginn des „Spieles“ ein sogenanntes MacGyver-Tool. Dieses enthält verschiedene Utensilien, wie Gaffa, Kaugummi oder Ohrenstöpsel. Von den „Spielern“ können sie je nach Bedarf, Wunsch oder Not eingesetzt werden.
„Vieles passiert hier parallel“, konkretisiert Michel-Paul Milow, „Es gibt keine festgezurrte Dramaturgie. „Willkommen“ ist auf Interaktion ausgelegt. Gleichzeitig ist es aber auch eine Ausstellung, für die wir unter anderen Künstler wie Bruno Nagel, Timm Burckhard, Frank Maibier oder Rike Schubert gewinnen konnten.“
Neben einer eigenen Währung namens „Mikili“, legen die Organisatoren dementsprechend großen Wert auf die Ausgestaltung der einzelnen Erlebnisräume. Diese tragen so unterschiedliche Bezeichnungen, wie „Der Käfig“, „Der Keller –Im Untergrund“, „Das Lager – Transitraum“ oder „Wartezimmer der letzen Hoffnung“. Insgesamt sind es derzeit acht Etappen der Flucht und des Ankommens, die im Weltecho realisiert werden. Wie dieses Theaterexperiment, welches am 1. Juli Premiere feiert, am Ende umgesetzt wirkt, inwieweit es auf Interesse stößt oder vielleicht sogar für Kontroversen sorgt, wird abzuwarten sein. Blicke öffnend, klingt es allemal.
Text: chezz Foto: privat
Erschienen im 371 Stadtmagazin 07/11