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Letzte Frage im Oktober 2022

Herr Kummer gibt Antwort

Veröffentlicht am:

Lieber Herr Kummer, in den Jahren bis 2025 wird viel an kulturellen Programminhalten für unsere Stadt gebaut. Allerdings bin ich etwas skeptisch, welchen langanhaltenden Effekt das auf die Jahre nach 2025 haben wird, wenn es keine Fördergelder mehr gibt. Sind wir dann überfüllte Touristenmetropole und Kulturzentrum oder geht es wieder zurück zur grauen Maus?

Ich bitte Dich, lieber Leserbriefschreiber! Chemnitz ist doch auch ohne Kulturhauptstadt-Projekt keine graue Maus. Ansonsten muss ich leider feststellen, ich besitze keine magische Glaskugel, ich kann nicht in die Zukunft sehen. In diesen unruhevollen Zeiten ist vieles möglich. Manche Bürger interessiert das ganze Kultur-Gewurstel sowieso nicht, sie demonstrieren für einen Säxit und wünschen sich für die Zukunft wieder einen sächsischen König. Andere basteln an einer klimaneutralen Wasserstoff-Welt, experimentieren am autonomen Autoverkehr oder reiben sich an den ambitionierten Themen „Drei Bäume auf dem Rathausplatz“ und „ICE-Anschluss von Chemnitz“ auf. Vielleicht ziehen wir uns nach 2025 einfach wieder in das eigentlich gar nicht so unkomfortable Underdog-Leben zurück. Günstige Mieten, wenig Airbnb, keine klappernden Touristen-Rollkoffer auf den Fußwegen und kleinfamiliäre Atmosphäre bei Kulturveranstaltungen. Das wäre sehr gemütlich und vertraut, allerdings könnte es auch ganz anders laufen. Unsere Kulturhauptstadt-Kollegen aus dem Ruhrgebiet zogen auf ihrer städtischen Homepage dieses Fazit:

„Zehn Jahre nachdem die Stadt Essen den Titel `Kulturhauptstadt Europas 2010` stellvertretend für das gesamte Ruhrgebiet tragen durfte, sind die positiven Auswirkungen dieses besonderen Jahres immer noch spürbar. 10 Jahre europäische Kulturhauptstadt - das ist ein sehr guter Grund zu feiern", so der Essener Oberbürgermeister. Der Geschäftsführer der Essen Marketing GmbH, ergänzt: "Das Ruhrgebiet wurde durch die Kulturhauptstadt touristisch wach geküsst.“ Es besteht also durchaus die Möglichkeit, dass Chemnitz ein geküsster touristischer Magnet wird. Mit den Folgen müssten wir dann leben. Vielleicht gibt es nach 2025 keine leerstehenden Garagen mehr, in die man sein Gerümpel günstig einlagern kann. Solche Räume werden von Touristen, Künstlern und Start Up Gründern in Beschlag genommen. Weiterhin droht eine völlig überfüllte Küchwaldwiese beim internationalen Maskottchen-Treffen oder dem Pressefest. Müll, Lärm und alkoholische Exzesse wären möglich. Die Parkeisenbahnsitzplätze werden künftig von zahlungskräftigen Auswärtigen ausgebucht und die beliebte Chemnitzer Wooosn wartet mit einem Bierpreis von 20€ pro Liter auf, den sich nur die internationale Jet-Set-Szene leisten kann. Im beliebten Gründerzeitviertel Kassberg wohnt schon in wenigen Jahrzehnten kein Sachse mehr, hier wird künftig schwäbisch gesprochen. Am Wall, unserem kleinen Krimininalitäts-Hot-Spot, bislang nur von einheimischen Problem-Teenagern aufgesucht, regieren künftig als Touristen getarnte international agierende Mafia-Organisationen und globale Mörder-Syndikate. Sie könnten, um ihr schmutziges Geld zu waschen, rings um den Wall riesige Bürotürme hochziehen und so die vertraute Chemnitzer Skyline nachhaltig verändern.

Wie bereits gesagt, auch ich kann die Zukunft nicht vorhersehen – alles ist möglich, lassen wir uns überraschen.


Foto: Wesley Pribadi

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