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Ob Leipzig, Berlin, Düsseldorf oder Hamburg – Einrichtung mit Möbeln aus den 50er & 60er Jahren ist seit einigen Jahren sehr begehrt. Warum der DDR-Stil aktuell so gut ankommt und wieso der Trend in Chemnitz mal wieder nicht so richtig landet, darüber spreche ich mit Katrin und Rico von Voll Vermöbelt.
Seit ein paar Jahren retten die beiden alte Möbel, insbesondere aus den 60er Jahren, aus nassen Kellern, von staubigen Dachböden und vor Schrottcontainern, um ihnen anschließend ein kleines oder größeres Makeover zu verpassen.
„Das ist so etwas wie unser gemeinsames Hobby, aus dem nun ein kleines Unternehmen gewachsen ist. Wir arbeiten beide nebenher noch in anderen Jobs. Wenn wir einen kinderfreien Tag haben, fahren wir richtig gerne einfach mal auf eine Haushaltsauflösung und packen das Auto voll mit Schätzen, die sonst auf den Müll wandern würden. Es ist echt spannend, welche Lebenswelten und Menschen man dabei kennenlernt“ erzählt Katrin. In ihrem Atelier auf der Reinhardtstraße werden die gefundenen Dinge gesammelt und Stück für Stück restauriert. Besonders beschädigte Möbel bekommen dabei eine Sonderbehandlung und werden zu extravaganten Stilelementen umgestaltet.
„Zum einen gibt es unsere Instagram-Seite Voll Vermöbelt (@_voll_vermoebelt__), auf der wir eher klassische und trashige 60er Jahre Möbel anbieten. Auf unserer zweiten Seite „Die Vitrinäre“ (@die_vitrinaere_) bieten wir Stücke an, die wir komplett umgestaltet haben, weil sie sehr grobe Schäden hatten. Dabei lasse ich dann meiner Kreativität freien Lauf und arbeite viel mit Farbe und Tapeten. Das braucht Zeit und Energie, weshalb wir die Teile nach der Umgestaltung auch zu höheren Preisen verkaufen.“ Katrin und Rico haben sich auf die Fahne geschrieben, kostenlos auszuliefern und verschicken die Möbel auf Anfrage via Spedition deutschlandweit. Viele ihrer Kund:innen leben in Leipzig, oft sind das Studierende oder junge Paare - In Chemnitz hingehen sei die Nachfrage dieser Zielgruppe bisher nicht besonders groß. Vielleicht eine Frage der Bepreisung der Möbelstücke? Ein mittelgroßes Möbelstück kostet bei Voll Vermöbelt im Schnitt 200-300 Euro und viele Studierende kommen unter anderem wegen der günstigen Lebenshaltungskosten nach Chemnitz. „Ich glaube, dass liegt mehr daran, dass Nachhaltigkeit ein größeres Thema in Leipzig ist, insbesondere bei jungen Leuten. Dazu wollen dort viele einen individuellen Einrichtungsstil haben. Das ist einfach ein Lifestyle, der damit auch verkauft wird.“ So Katrin und Rico ergänzend: „Wahrscheinlich hat das mehr mit bewusstem Kaufen zu tun. Man kann genau die gleichen Beträge bei IKEA ausgeben und bekommt dafür ein PAX-Regal. Vielleicht könnte man eher von Wohlstand im Sinne der Freiheit sprechen, sich bewusst etwas auszusuchen.“ Möglicherweise sind Möbel aus den 60ern auch einfach eher etwas für weniger DDR-geprägte oder -sozialisierte Menschen, die das funktionale Design der Möbel mit Minimalismus und Klarheit assoziieren und dadurch nicht direkt in das Wohnzimmer ihrer Großmutter gebeamt werden.
Falls ihr selbst ein Möbelstück besitzt, das ihr reparieren oder umgestalten wollt, haben Katrin und Rico ein paar Tipps:
1. Bei fusseligen Stoffen hilft eine einfaches Haarschneidegerät. Das funktioniert vor allem bei gröberen Stoffen wie Möbelpolstern, bei kleineren Fusseln kann man natürlich auch einen Wollrasierer verwenden.
2. Bei Kratzern auf der Oberfläche benutzen Katrin & Rico zuerst Möbelwachsstifte in der Farbe des Möbelstücks und malen damit großzügig über die Kratzer. Danach wird die Oberfläche abgeschliffen. Beim Schleifpapier auf jeden Fall darauf achten, dass eine sehr, sehr feine Körnung verwendet wird.
3. Auch bei größeren Schäden im Holz verwenden die beiden Weichwachs. Wenn das Wachs langsam erhitzt wird, zum Beispiel mit einem Lötkolben, kann man daraus Stück für Stück Kerben im Holz füllen oder auch eine abgebrochene Ecke wieder herstellen. Danach wird dann fein drüber geschliffen und lackiert.
4. Bei Wasserflecken schwören die beiden auf Schleierfrei von Hermann Sachse. Ansonsten gilt auch hier abschleifen und mit Tischlerlack versiegeln. Beim Lackieren verwenden Katrin und Rico oft Schellack, ein Naturprodukt, das durch Schildläuse entsteht.
Text: Katha von Sterni | Fotos: Katha von Sterni