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Mit der Performance „Google Maps Hacks“ wurde der Digitalkünstler Simon Weckert weltweit bekannt. Nun erhält der gebürtige Chemnitzer eine Einzelausstellung im Museum Gunzenhauser.

An diesem Sonntagabend muss Simon Weckert sein Kunstwerk „This [] Does Not Exist“ auf dem Sonnenberg reparieren. Eine etwa zwei mal zwei Meter große Videowand hat er im Rahmen der Dialogfelder im ehemaligen Peace Food auf der Würzburger Straße aufgebaut. Einer der Monitore wird nicht richtig angesteuert. Auf seinem Notebook tippt er ein bisschen Code, am Monitor Kabel raus, Kabel rein, ein Reset, es scheint zu funktionieren. Die Wand zeigt ein Gesicht zusammengesetzt und generiert aus etwa 50 Porträts, die er in Chemnitz von Menschen fotografiert hat. Eine KI errechnet aus diesen Bildern immer neue Gesichter, die beinahe unmerklich ineinander überblenden. Das ist ein bisschen wie in diesem Gespräch mit Simon.

Alles fließt ineinander, alles hängt zusammen wie in einem neuronalen Netzwerk. So ist der Ort, an dem er sein Werk aufgebaut hat, einmal die Bäckerei seines Urgroßvaters gewesen. Simon ist in Chemnitz aufgewachsen und kennt sie aus seiner Kindheit. So hat er die Monitore im letzten Monat vom Schrott gesammelt, wo er für ein Projekt für das Museum Gunzenhauser recherchierte und arbeitete. Und so ist die Technik hinter den Monitoren auch Teil seiner Arbeit als Programmierer, mit der Simon sein Auskommen neben der Kunst bestreitet. Technik und Kunst, das geht beim studierten New Media Artist, der heute in Berlin lebt, Hand in Hand.

Weltweit bekannt wurde Simon Weckert spätestens Anfang 2020. Da feierte Google Maps 15-Jähriges und darauf war der Künstler vorbereitet. Bereits ein halbes Jahr zuvor stattete er einen Bollerwagen mit 99 Smartphones aus und zog ihn durch Berlin. Da die Handys auf der Straße kaum vorwärtskamen, leitete Google Maps seine Navinutzer*innen aufgrund eines Staus um. Die Aktion hinterfragt die Technik mit ihren eigenen Mitteln. Die gut getimte Veröffentlichung hat durchaus auf seinen Bekanntheitsgrad eingezahlt. Er wird vermehrt international zu Podien und auf Festivals eingeladen. Allein von der Kunst leben kann er jedoch nicht. Das mag auch daran liegen, dass sich digitale Installations- und Aktionskunst nicht so gut in Chefbüros hängen lässt. Simon sieht darin vor allem einen Vorteil. Die Schwierigkeit zur Kommerzialisierung mache seine Kunst freier.

Wenn er nicht davon leben kann, kann er auch Werke entstehen lassen, die nicht verkauft werden müssen. Eines seiner großen Ziele hat er ohnehin schon erreicht: dass ihn seine Kunst durch die Welt bringt, an andere Orte, Menschen, Themen. Auch Chemnitz habe er so noch einmal neu kennenlernen können. Natürlich hat auch sein Broterwerb etwas mit Kunst zu tun. Mit seinem Unternehmen arbeitete er unter anderem daran, eine Lichtinstallation an die Fassade der Philharmonie in Los Angeles zu bringen und für Museen steuert er Machine-Learning-Algorithmen bei, die bei der Auswertung großer Datensätze helfen. Die Erfahrung fließt dann auch direkt wieder in seine Kunst zurück.

Kunst, die nun in Chemnitz eine weitere Würdigung erfährt: Mit der Vernissage am 8. Oktober eröffnet das Museum Gunzenhauser die Ausstellung „Simon Weckert: Ubuntu – The other me!“. Dort wird auch die Monitorwand vom Sonnenberg zu sehen sein. Das Rahmenprogramm befasst sich wie die Kunst selbst mit dem Spannungsfeld zwischen Mensch und Technik. Am 10. November etwa in einer Lesung und anschließender Thought-controlled music performance mit Bertolt Meyer und am 8.12. in einer Podiumsdiskussion zum Thema Digitalisierung und Nachhaltigkeit. Die Ausstellung ist noch bis zum 30. Januar 2022 zu sehen.

Text & Foto: Michael Chlebusch

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