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Lutz Zoglauer mit 35 Millimeter hinter sich und der Festplattenzukunft in der Hand.
Das gute alte Kino, so romantisch: Es rattern die Projektoren, es gongt und flimmert und unmerklich dreht der sorgfältige Filmvorführer an der Schärfe oder bringt die nächste Rolle nahtlos ins Laufen. Naja fast.
Es gibt immer weniger Spielstätten im Lande, in denen der Vorführer theoretisch mehr macht, als einen Server anzuschalten, der am Digitalprojektor hängt. Das Programm für die ganze Woche, schildert auch Lutz Zoglauer im Vorführraum des Clubkino Siegmar, ist schon im Computer. Trailer und Filme spielt der Rechner so pünktlich wie programmiert. Lediglich den original UFA-Gong müsste man da noch von Hand bedienen. Ende September lief mit „Late Bloomers“ der erste Film regulär auf dem neuen System. Tatsächlich. Auch das gute alte Clubkino kann und will sich dem Trend zur Digitalisierung nicht erwehren. Noch fährt das Kino Mischbetrieb, aber 35-Millimeter-Film wird in wenigen Jahren etwas für Nostalgiker sein. So wie Stummfilm mit Begleitmusik.
Das neue Zeitalter ist jedoch auch etwas gewöhnungsbedürftig. Lutz Zoglauer, der das Vorführhandwerk zu Ostzeiten neben der Abendschule im Europa auf dem Sonnenberg lernte, hat einige Zeit mit Film auf Film verbracht, damals sogar auch auf 70 Millimeter. „Digital sieht irgendwie immer noch aus wie Beamer", sagt der Vorführer. Aber als Filmemacher[nbsp] und Mitglied der Filmwerkstatt wisse er die Vorteile durchaus zu schätzen. Keine Vignette, volle Schärfe, keine Kratzer, kein Wackeln. „Es kam früher schon drei bis vier Mal im Jahr vor, dass in einer viel gespielten Kopie in der ernstesten Szene ein grüner Streifen durchs Gesicht des Darstellers lief“, sagt er. Das sei aber immer weniger geworden, nicht zuletzt, weil immer mehr Kinos auf digitale Kopien auf Festplatten setzten und die Filmrollen die im Clubkino ankamen weniger abgenutzt waren. Höhere Bildqualität, geringere Versandkosten, vielleicht sogar schneller erhältliche Kopien – die Vorteile kennt auch Thilo Götz, Leiter des Clubkinos.
Einen Nachteil sieht er allerdings: Die laufenden Kosten könnten steigen. Es ist fraglich, ob die neue Technik so lang hält. Der dienstverlässliche Ernemann-Projekt im Weltecho ist zum Beispiel noch aus den Jahr 50er Jahren. Dennoch sind inzwischen fast alle Säle der Stadt umgerüstet. Auch das Metropol beamt digital. Das ist nicht zuletzt dem 3D-Hype zu verdanken, der insbesondere die Multiplexe zum Umbau trieb. Sogar das Clubkino will künftig ausgewählte Filme in 3D zeigen. Im Oktober wird hier beispielsweise der Tanzfilm „Pina“ in räumlicher Tiefe zu sehen sein. 3D mag vergessen werden, digital wird bleiben. Und bei all den strahlenden Bildern und Möglichkeiten, bei all dem Wissen, dass es beim Kino doch auf die Bilder, nicht auf die Projektoren ankommt: Ein Stück Wehmut kommt, wenn der Film geht. Der Besucher des Clubkinos kann sich immerhin mit dem original UFA-Gong darüber hinwegtrösten.
Text [&] Foto: Michael Chlebusch
Erschienen im 371 Stadtmagazin 09/12